Pflichtverteidiger für Antrag nach § 35 BtMG

Ob ein Beschuldigter für ein Strafverfahren einen Pflichtverteidiger bekommt, richtet sich nach § 140 StPO. Entscheidend ist dabei nicht, über welches Vermögen oder Einkommen der Beschuldigte verfügt. Ein Pflichtverteidiger wird vielmehr dann bestellt, wenn es – vereinfacht gesagt – um eine gravierende Straftat geht oder dem Beschuldigten eine erhebliche Strafe droht.

Auch in vermeintlich einfachen Verfahren kann jedoch in besonderen Fällen ein Pflichtverteidiger vom Gericht bestellt werden, so zum Beispiel bei einem Antrag auf Therapie nach § 35 BtMG.

Das Amtsgericht Erfurt hat in einer sehr interessanten Entscheidung festgestellt, dass bei einem Antrag auf „Therapie statt Strafe“ die Bestellung eines Pflichtverteidigers geboten sein kann (AG Erfurt vom 17.06.2016, 941 Js 30995/15).

Begründung:

  • Das Zurückstellungsverfahren nach den §§ 35, 36 BtMG sei sachlich und rechtlich nicht einfach.
  • Ein nach dem BtMG verurteilter Inhaftierter sei regelmäßig durch den Drogenmissbrauch beeinträchtigt.
  • Durch die Haft sei der Inhaftierte zudem in der Kommunikation mit der Außenwelt beschränkt.

Dazu Rechtsanwalt Bernhard Löwenberg:
Auch bei scheinbar einfachen Verfahren wie einem Antrag nach § 35 BtMG bestehen daher Chancen, einen Pflichtverteidiger beigeordnet zu bekommen. Wie immer kommt es auf die Kenntnis der Rechtsprechung und die Begründung im Einzelfall an.